Chronik
Ein Stück gelebte Geschichte – Der Stadtverband Straubing der Kleingärtner e. V.
Es war der 15. März 1947 – ein kühler Frühlingsbeginn in einer schwierigen Zeit. Die Spuren des Krieges waren noch überall sichtbar, Wohnraum war Mangelware, und das tägliche Brot keine Selbstverständlichkeit. Doch wo Mangel herrscht, wächst auch der Einfallsreichtum. Die Menschen in Straubing begannen, brachliegende Grünflächen zu nutzen – nicht für Spaziergänge, sondern zum Überleben. Es entstanden die ersten Kleingärten - kleine Inseln der Selbstversorgung, Hoffnung und Gemeinschaft.
Was als Notlösung begann, entwickelte sich schnell zu einer Bewegung. Bereits zwischen 1943 und 1948 waren rund 29 Gartenflächen rund um die Stadt entstanden. Doch ohne Ordnung und Struktur gab es bald auch Probleme. Wer ist für die Verpächter, also die Landeigentümer der Ansprechpartner bei den verschiedenen Anlagen? Wer ist wofür zuständig? Wer achtet auf Regeln? Die Antwort war naheliegend wurde aber auch seitens der Stadt Straubing vorgegeben: Man gründete den Stadtverband der Kleingärtner Straubing e. V. – eine Organisation, die von Beginn an für Zusammenhalt und Klarheit stand und der Zwischenpächter der Flächen sowie Ansprechpartner in allen Fragen wurde.
Mit viel Einsatz und Herzblut wurden die unorganisierten Flächen in gepflegte, dauerhafte Anlagen verwandelt. Die jüngste davon – die Anlage Ittling – wurde 1996 gebaut und schon wenige Jahre später auf 44 Gärten erweitert. Heute zählen wir sechs Kleingartenanlagen, insgesamt 486 Parzellen auf fast 18 Hektar Fläche. Ein Ort zum Anbauen, Ausruhen und Ankommen. Und wenn der Wunsch nach Gärten weiterhin so groß bleibt, dann stehen wir vielleicht schon bald vor der nächsten Erweiterung.
Mehr als nur Gärtnern – Eine Gemeinschaft lebt auf
Kleingarten heißt für uns nicht nur Zucchini und Zierpflanzen, sondern auch Engagement, Bildung und Miteinander. Unsere Jugendgruppe etwa ist regelmäßig dabei, wenn es um Öffentlichkeitsarbeit geht. Jedes Jahr ziehen wir stolz beim Auszug des Gäubodenvolksfests mit – ein Ereignis, das für viele in der Region zum Sommer dazugehört.
Besonders rührend: Der „Tag der Blume“, bei dem wir rund 650 Blumensträuße an Alten- und Seniorenheime verteilen. Dazu gehört auch ein feierlicher Teil mit Musik – denn unsere Senioren sollen wissen, dass sie nicht vergessen sind.
Auch im Alltag gibt es viel zu tun. Jährliche Begehungen in mehreren Anlagen helfen, die Gartenordnung zu wahren – doch oft entwickeln sich daraus auch lebhafte Gespräche, Ideen, Pläne. Dazu kommen Ausflüge zu Landesgartenschauen und vor allem: die Freundschaft zu unseren Gartenfreunden in Wels, Österreich. Seit 2007 besteht eine offizielle Partnerschaft, doch die ersten Kontakte gehen bis ins Jahr 1973 zurück. Gegenseitige Besuche, echte Gastfreundschaft und sogar private Freundschaften sind daraus gewachsen.
Wo Wissen blüht: Bildung im Garten
Ein echtes Herzensprojekt ist der Schulgarten, den wir 2010 zusammen mit der Stadtgärtnerei angelegt haben. Dort, nahe der Anlage Hagen, kommen Woche für Woche Kinder der Grundschule St. Jakob vorbei – mit Schaufel, Neugier und ihrer Lehrerin im Gepäck. Sie lernen, wie Radieschen wachsen, dass Würmer keine Feinde sind und wie gut es tut, mit den Händen in der Erde zu graben.
Und dann gibt es noch den Kulturengarten in der Anlage Süd – entstanden im Rahmen des Projekts „Soziale Stadt“. Hier gärtnern Menschen verschiedenster Herkunft nebeneinander – jeder bringt ein Stück seiner Heimat mit, sei es in Form von Gewürzen, Geschichten oder Gartentechniken. Integration auf Augenhöhe, mit Hacke, Herz und Humor.
Ein Verband mit Rückgrat
Auch organisatorisch hat sich viel getan. 2014 konnten wir endlich unsere eigene Geschäftsstelle eröffnen – nach Jahren in einem gemieteten Büro. Möglich gemacht wurde das durch viel Eigenleistung und Zusammenhalt.
Außerdem haben wir seit 2011 eine eigene Fachberaterausbildung etabliert – mittlerweile haben sechs Beraterinnen und Berater erfolgreich abgeschlossen und stehen den Mitgliedern mit Rat und Fachwissen zur Seite.
Unsere Wurzeln – Unsere Vorsitzenden
Die Geschichte des Stadtverbands ist auch eine Geschichte der Menschen, die ihn getragen haben:
Ing. Prestel (1947–1949)
Michael Bauer (1949–1951)
Jos. Kellendonk (interim, 1951–1952)
Rupert Ernst (1952–1972)
Schorsch Behacker (1972–1982)
Heinrich Wittmann (1982–1991)
Heinrich Seidl (1991–2024) – ein Jahrzehnte prägendes Gesicht
Roberto Beetschen (seit 2024) – unser aktueller Vorsitzender mit neuen Impulsen
Und noch ein Blick zurück…
Die Kleingartenanlagen entstanden zu folgenden Zeiten:
Gstütt – 1943
Hagen – 1944
Schwedenschanze (früher Hofstetten) – 1950
Frauenbrünnl – 1952
Süd – 1952
Ittling – 1996
Auch unsere Satzung entwickelte sich mit der Zeit weiter. Gegründet 1947, überarbeitet 1982, 2016 und neu überarbeitet. 2025 wurde eine Neufassung der Satzung und Gartenordnung welche aufgrund einer vielzahl von gesetzlichen Änderungen im Bereich Satzung und einer Modernisierung der Gartenordnung nötig war beschlossen und wurde am 25.05.2025 beim Registergericht Straubing eingetragen.
Was bleibt?
Eine Gemeinschaft, die wächst. Nicht nur Gurken, Karotten und Rosen – sondern auch Verständnis, Respekt und Zusammenhalt. Der Stadtverband Straubing der Kleingärtner ist mehr als ein Verein. Er ist ein lebendiges Stück Stadtgeschichte, getragen von Menschen mit Leidenschaft für Natur, Nachbarschaft und ein gutes Miteinander.